Die Insolvenz des Arbeitgebers ist für diesen zunächst ein einschneidender Sachverhalt. Allerdings hat die Insolvenz des Arbeitgebers nicht immer zur Folge, dass der Betrieb geschlossen wird. Vielmehr kann der Betrieb an jemand anderen verkauft oder durch den Insolvenzverwalter fortgeführt und saniert werden.
Egal, ob der Betrieb stillgelegt, verkauft oder saniert wird, ist die Insolvenz des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer mit einigen besonderen rechtlichen Gegebenheiten verbunden, die nachfolgend erläutert werden sollen.
Zunächst hat die Insolvenz des Arbeitgebers auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses noch keinen Einfluss. Das Arbeitsverhältnis endet also nicht automatisch mit der Insolvenz des Arbeitgebers. Der Insolvenzverwalter kann das Arbeitsverhältnis aber kündigen.
Kündigung durch Insolvenzverwalter
Wird über das Vermögen des Arbeitgebers oder des Unternehmens das Insolvenzverfahren eröffnet, übernimmt ein Insolvenzverwalter die Verfügungsmacht über das Vermögen, d.h. der Insolvenzverwalter trifft nun alle Entscheidungen.
Der Insolvenzverwalter kann Arbeitnehmer kündigen, um den Betrieb zu sanieren oder abzuwickeln. Gem. § 113 Insolvenzordnung steht dem Insolvenzverwalter das Recht zur Kündigung zu. Dabei muss er keine vereinbarten Kündigungsfristen einhalten. Die Kündigungsfrist beträgt dann maximal 3 Monate zum Monatsende. Der Arbeitnehmer kann aber bei einer solchen Verkürzung der Kündigungsfrist unter Umständen Schadensersatz verlangen und wird damit zum Insolvenzgläubiger. Die 3-Monats-Frist gilt für alle gesetzlichen und tariflichen Kündigungsfristen und auch für Kündigungsausschlüsse, soweit diese länger als 3 Monate sind. Bei Kündigungsfristen, die kürzer als 3 Monate sind, bleibt es bei der kürzeren Kündigungsfrist.
Auch der Insolvenzverwalter ist hinsichtlich der Rechtfertigung einer Kündigung an das Kündigungsschutzgesetz gebunden. Es muss also für die Kündigung eine ordnungsgemäße Begründung vorliegen und die Grundsätze der Sozialauswahl müssen beachten werden. Die Gründe können im Rahmen der Kündigungsschutzklage überprüft werden.
Insolvenzgeld
Ist der Arbeitgeber zahlungsunfähig und haben die Arbeitnehmer deshalb ihre Löhne nicht mehr oder nur noch teilweise erhalten, zahlt die Agentur für Arbeit jedem betroffenen Arbeitnehmer ein Insolvenzgeld zum Ausgleich des Lohnausfalls. Das Insolvengeld ist jedoch nicht unbegrenzt, sondern wird maximal in Höhe des Lohnes für die letzten 3 Monate vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bezahlt.
Das Insolvenzgeld muss bei der Agentur für Arbeit beantragt werden. Der Antrag muss innerhalb von 2 Monaten ab dem Insolvenzereignis gestellt werden. Das Insolvenzereignis ist der Beschluss über Eröffnung oder Abweisung des Verfahrens beim Insolvenzgericht.
Anspruch auf Insolvenzgeld haben Arbeitnehmer sowie Heimarbeiter, beschäftigte Studenten und Schüler, Auszubildende und geringfügig Beschäftigte. Es muss sich also nicht unbedingt um ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis handeln.
Ansprüche auf Arbeitsentgelt, die von dem Zeitraum, für welchen das Insolvenzgeld gezahlt wird, nicht abgedeckt sind, können durch den Arbeitnehmer im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden als sog. Insolvenzforderung. Dies bedeutet, dass die angemeldete Forderung ggf. nur über eine Quote, d.h. nur zu einem bestimmten Teil ausgeglichen wird.
Oftmals arbeiten Arbeitnehmer auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens weiter. Dann sind die Ansprüche auf Arbeitsentgelt sogenannte Masseverbindlichkeit. Das bedeutet, dass die Verbindlichkeit, also die Zahlung des Arbeitsentgeltes, vorrangig vor anderen Verbindlichkeiten in voller Höhe aus der Vermögensmasse bedient wird.
Auswirkungen der Insolvenz auf Tarifverträge
An bestehende Tarifverträge muss sich auch der Insolvenzverwalter halten. Auch wenn der Insolvenzverwalter den Austritt aus dem Arbeitgeberverband veranlasst, gelten bestehende Tarifverträge bis zu ihrer vertraglich vorgesehenen Beendigung weiter. Die Insolvenz des Arbeitgebers berührt nicht das Streikrecht der Arbeitnehmer. Die Arbeitnehmer sind berechtigt, ihr Streikrecht auszuüben. Der Insolvenzverwalter ist in seiner Position als Arbeitgeber berechtigt, Arbeitnehmer auszusperren.
Auswirkungen der Insolvenz auf Betriebsvereinbarungen und Sozialpläne
Bestehende Betriebsvereinbarungen und daraus resultierende Ansprüche der Arbeitnehmer werden durch die Insolvenz zunächst nicht berührt. Es können aber bestimmte Betriebsvereinbarungen gemäß § 120 InsO vorzeitig gekündigt werden. Sozialpläne, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgestellt werden können gemäß § 124 InsO vom Insolvenzverwalter und vom Betriebsrat widerrufen werden.
Der Insolvenzverwalter kann zusammen mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich aufstellen, in welchem die Arbeitnehmer namentlich aufgenommen werden, denen gekündigt werden soll. Folge eines solchen Interessenausgleichs ist, dass der Kündigungsschutz für die aufgeführten Arbeitnehmer verkürzt wird. Es wird vermutet, dass eine betriebsbedingte Kündigung vorliegt, d.h. der Insolvenzverwalter braucht keinen weiteren Kündigungsgrund darzulegen bzw. die betriebsbedingte Kündigung auch nicht weiter zu begründen. Außerdem erfolgt die Sozialauswahl nur noch nach Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und auch insoweit nur auf grobe Fehlerhaftigkeit.